10 Jahre Textilbündnis
Gemeinsam für soziale und ökologische Textil-Wertschöpfungsketten
Vor zehn Jahren initiierte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) das Bündnis für nachhaltige Textilien. Gründungsmitglied Fairtrade Deutschland feiert mit – und bezieht Position.
Im Jahr 2014 rief das BMZ das Textilbündnis ins Leben mit dem Ziel, die textilen Wertschöpfungsketten sozialer und ökologischer zu gestalten. Fairtrade Deutschland war von Beginn an dabei. Außerdem engagieren sich Unternehmen aus der Branche im Bündnis, gemeinsam mit weiteren Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften, Standardorganisationen und Regierungsvertreter*innen.
Das Jubiläum wird nun am 28. November in Berlin gefeiert. Auch Fairtrade Deutschland ist vor Ort, um auf dem „Marktplatz“ im BMZ über das von der EU ko-finanzierte Projekt „Switch Asia“ zu informieren, im Rahmen dessen Fairtrade-Handelspartner von mehr Nachhaltigkeit vom Baumwollfeld bis hin zur textilen Fertigung profitieren können. Auch das neue, innovative „Towards Net Zero“-Programm zu der Erhebung und Reduktion des CO2 Fußbadrucks in textilen Lieferketten wird dort vorgestellt.
Die Feierlichkeit nimmt Fairtrade Deutschland zum Anlass, um auf die bisherigen zehn Jahre zurück- und die kommenden Herausforderungen vorauszuschauen.
Hohe Ansprüche treffen auf harte Realität
Dem Anspruch, eine Veränderung im Textilsektor herbeizuführen, wurde das Textilbündnis aus Sicht von Fairtrade Deutschland leider nicht gerecht. Immer noch sind unfaire Bezahlung, Menschenrechtsverletzungen und Umweltrisiken Realität – und zwar nicht nur im Baumwollanbau, sondern entlang der kompletten textilen Wertschöpfungskette.
Gerade auf der Lohnebene ist zu wenig passiert, betont Fairtrade-Vorständin Claudia Brück: „Nach zehn Jahren müssen wir leider konstatieren: Die Gründungsziele wurden nicht erreicht.“ Fairtrade Deutschland engagiert sich zwar im Strategiekreis zum Thema „Existenzsichernde Löhne und Einkaufspraktiken“, diese sind jedoch abseits des Fairtrade-Textilstandards noch lange nicht flächendeckend implementiert. „Es ist unsere Aufgabe, Bauern, Bäuerinnen und Beschäftigte in den Ursprungsländern bei der Erreichung existenzsichernder Löhne zu unterstützen“, so Brück. „Nur so können wir diese Branche fairer gestalten.“
Strukturveränderung und Verschiebung des Fokus
Grund für diese Nichterreichung ist aus Sicht von Fairtrade Deutschland eine Strukturveränderung des Textilbündnisses, das sich mittlerweile eher als Projekt-Implementierer im globalen Süden positioniert. Auch Fairtrade Deutschland ist an mehreren Projekten des Bündnisses beteiligt, beispielsweise am „Living Wage Lab 2.0.“ sowie an der Bündnisinitiative Bio-Baumwolle in Indien und begleitet darüber hinaus beratend auch die zweite Phase der Einführung von Beschwerdemechanismen in pakistanischen Textilfabriken. Hinzu kommt „dass die Primärfaser Baumwolle über eine Orientierung hin zu anderen, selbstverständlich auch relevanten Nachhaltigkeitspraktiken wie Recycling, Kreislaufwirtschaft und Müllvermeidung zu sehr aus dem Fokus geraten ist“, so Brück.
Ambitionierte Absichtserklärung unterzeichnet
Anlässlich des Jubiläums unterzeichnet Fairtrade Deutschland am 28. November eine gemeinsame Absichtserklärung . Diese sieht unter anderem vor, Rechteinhaber*innen im Ursprung zu stärken, ihre Perspektiven stärker einzubeziehen, darüber hinaus existenzsichernde Löhne und die Stärkung von Gewerkschaften und Tarifverhandlungen zu fördern, Arbeitsbedingungen zu verbessern und geschlechtsspezifische Gewalt und Ungleichbehandlung zu eliminieren. Vor allem nachhaltige Einkaufspraktiken und existenzsichernde Löhnen sowie die Einrichtung von effektiven Beschwerdemechanismen sollen dazu aktiv beitragen. Die Maßnahmen sollen vorerst in vier Ländern umgesetzt werden. Zudem wird ein Runder Tisch eingerichtet, um einen sozialen Dialog zu ermöglichen.
Fairtrade unterstützt diese Zielsetzungen und ist bereit, seine mehr als 30-jährige Expertise in den Prozess einzubringen, um zusammen mit engagierten Unternehmenspartnern positive und nachhaltige Veränderungen vor Ort voranzubringen.